05.10.2014: Ein Sommer für das Segler-Herz: mit dem 20m langen Gaffelschoner SAMYRAH kreuzte ich als Skipper mit verschiedenen Crews rund 1500 Seemeilen durch die Inselwelt der „Dänischen Südsee“ zwischen Kleinem und Großem Belt, segelte nach Kopenhagen und umrundete Seeland.
Faszinierend in diesem recht überschaubaren Revier: zwischen den Inseln kann starker Düsen-Effekt den Wind gehörig aufdrehen, auch schon kleinere Kaps der Inseln können turbulente Strömungen im Wasser und „verrückte“ Wellen verursachen und den Wind gehörig „umbiegen“. Bereits ein solches Segelrevier muss sehr genau betrachtet werden – welches einiges an Seemannschaft abverlangen kann.
Dabei vertiefte der Roman Wir Ertrunkenen von Carsten Jensen die Eindrücke des Segelns als eine großartige Ergänzung. Der Ausgangspunkt dieses Romanes, Marstal auf der dänischen Insel Aerö, bietet schon mit seinem beeindruckenden Schifffahrts-Museum weit zurückreichende Einblicke in verschiedene Schiffstypen und -einsätze. Und zudem auch noch in einer ganz anderen Form in einem Schiff an Land: denn im Kirchenschiff hängen zahlreiche Modelle von segelnden Kriegsschiffen, die im Roman eine zentrale Bedeutung haben. Regt schon diese Textpassage zu „bewegtem Nachdenken“ an?
Albert glaubte an den Fortschritt. Er glaubte auch an das seemännische Ehrgefühl. Darauf baute die Einigkeit. Auf einem Schiff konnte ein Versagen schicksalschwere Folgen für alle haben. Das verstanden Seeleute schnell. Für den Pastor waren es die Moralbegriffe, Albert nannte es Ehre. In der Kirche musste man sich gegenüber Gott alleine verantworten, auf einem Schiff hatte man die Verantwortung für die anderen. Daher stellte das Schiff einen besseren Lehrplatz dar. (S. 273)
Bereits 2012 hatte ich aus dem Roman in dieser Konzeptstudie über Möglichkeiten für Segelprojekte zur Nachhaltigkeit auf der Ostsee für die Lighthouse-Foundation zitiert. Denn er beschreibt sehr treffend den grundlegenden Unterschied zwischen der Seefahrt mit natürlichen Kräften versus der Dampfschifffahrt. Das Zitat trifft für mich auch mit seiner anschließenden grundsätzlicheren Betrachtung ein sehr wichtiges Gefühl beim Segeln:
Ein Segelschiff ist dem Leben näher als ein Dampfer: Es reicht nicht zu wissen, wohin du willst, denn das Leben besteht wie der Kurs eines Segelschiffs fast nur aus Umwegen, für die mal Windstille und mal Sturm verantwortlich sind. (S. 502)
Über diesen Roman hinausgehend wird in sehr vielen verschiedenen Zusammenhängen das Aufkreuzen (ein „Zig-Zack-Fahren“ gegen den Wind) als Metapher benutzt. Auch ich stelle fest, dass ich in diesem Jahr anhaltend gut auf einem „Zig-Kurs“ fahren und dabei meine Segelkenntnisse gut anwenden und ausbauen kann. Wann wird’s auch wieder eine Wende geben hin zum „Zack-Kurs“ Richtung Arbeit zur Klimaproblematik? Beide Felder sollen letztlich zusammenkommen – zum KLIMASEGELN!