05.05.2015: Von den Kanarischen Inseln gen Norden zu segeln ist eine langwierige Geduldsprobe, da es grundsätzlich gegen Wind und Strom geht. Dabei bietet die bunte Insel Madeira einen großartigen „Rastplatz“.
Die Kanaren sind ideal als Startpunkt für Atlantiküberquerungen, da der nach Südwesten setzende Kanarenstrom sowie der aus Nordost wehende Passatwind schnell Richtung Karibik schieben – welches auch wir im November letzten Jahres bei einer Atlantiküberquerung nutzten. Zudem sind sie ein hervorragendes Segelrevier um sehr ausgeprägte Düsen- und Kappeffekte intensiv kennenzulernen, so wie für uns zwei Wochen lang in diesen Skippertrainings.
Wie wir gleich nach unserem Start erlebten ist der Weg nach Norden schwierig. Zum Glück konnten wir auf die vorherigen Erfahrungen aufbauen, denn bereits in der Nacht nach dem Auslaufen aus St. Cruz de Teneriffe wurden wir voll gefordert: der ohnehin schon kräftig mit 4-5 Beaufort Stärke wehende Nordostpassat wurde in der Düse zwischen Teneriffa und Gran Canaria bei leichter Wetterverschlechterung auf Starkwind mit 8 Beaufort „hochgedreht“. Dazu bündeln diese Inseln auch die Grundströmung und verstärken sie. Mühsam kreuzten wir gegen bis zu 6m hohen Wellen auf, nach einem Tag hartem Segeln bei schwierigen Bedingungen standen wir gerade mal 30 Seemeilen weiter nördlich von unserem Starthafen – und noch knapp 200 Seemeilen sinds von dort bis zum ersten Zwischenziel Madeira. Nur nicht die Geduld verlieren! Zum Glück drehte der in der leichten Wetterstörung vorherrschende Nordwind etwas und wurde wieder zum üblichen Nordostpassat. Madeira erreichten wir dadurch nach zwei weiteren Segeltagen auf direktem Kurs ständig hoch am Wind.
Auf der „Blumeninsel“ atmeten wir erstmal tief durch – zusammen mit einem köstlichen Essen gab’s die nötige Kraft um nach knapp 28 Stunden im Hafen weiter gegen Wind und Strom zu starten. Die Tücken von hoch aufragenden Kaps konnte ich ja bereits an den Kanaren sehr gut „studieren“ – doch die Inseln von Madeira zeigten nochmals eine Steigerung! Der Revierführer warnt Segler lediglich davor um die rund 180m hoch aufragende Klippe vom Kap Garajau mit Spinnaker (einem Leichtwindsegel) zu fahren, da dort stark drehende Winde herrschen können. Doch bei uns pfiff’s derartig um diese Ecke, dass zu den uns gut vertrauten Schaumkronen auf den Wellen auch noch ausgeprägte Längsstreifen sowie fliegende Gischt hinzukamen. Auch zum Einschätzen des Windes war es sehr gut einen weiteren Hochseeschiffer mit an Bord zu haben, denn ohne Windmesser an der Mastspitze ist das Einstufen aufgrund des Wellenbildes immer recht knifflig. Doch in diesem Fall waren wir uns sofort einig: da zieht’s erneut mit den uns gut bekannten stürmischen 8 Beaufort. Auch das Südkap der östlichen Ilhas Desertas schüttelt uns nochmals kräftig durch bevor wir hoch an den Wind gingen.
Erneut mussten wir mühsam aufkreuzen gegen Wind und Strom, wodurch die in direkter Fluglinie 480 Seemeilen lange Strecke für uns ein gut 760 Seemeilen langer Zick-Zack-Kurs wurde, für den wir 6½ Tage brauchten. Ein solche Hochsee-Fahrt gegen den kräftigen Nordost-Passat und immer wieder 3-4m hohe Wellen zeigt wie wichtig und absolut notwendig akribische Pflege und Wartung von Material in der Seefahrt ist – denn die enormen Kräfte der Natur erlauben hier keine Kompromisse oder Nachlässigkeiten!
Auch nach einem Crewwechsel in Cadiz wurde uns in den zwei Wochen vom Karsamstag an keine Seemeile „geschenkt“, sondern gegenteilig mussten wir mit sehr ungünstigen Wetterverhältnissen zumeist entweder mit Sturm oder Flaute zurechtkommen. Und auch die Düsen- und Kapeffekte forderten uns wiederum stark: durch die Straße von Gibraltar fuhren wir gerade noch vor einem mehrtägigen Sturm aus Ost, dem Levante, der ein Durchkommen durch die Düse zwischen Europa und Afrika nahezu unmöglich gemacht hätte. Ihn warteten wir nahe Gibraltar im Hafen liegend ab.
Bei großariger Wanderung auf dem bis 426m hohen Felsen von Gibraltar beobachtete ich Möven bei geradezu „verrückten“ Flügen, bei denen sie mit dem Sturm spielten. Zudem zeigten mir die langgezogene Schaumbänke an der Küste wie richtig es war im Hafen zu liegen, denn sonst hätten wir gegen übermächtige Naturkräfte uns sowie das Material gefährdend (und vermutlich erfolglos!) ankämpfen müssen.
Auch am Cabo de Gata, der Südostspitze von Spanien bei Almeria, mussten wir wegen Starkwind aus Nordost nochmals zwei Tage warten. Der Wind wurde am Kap auf 8 – 9 Beaufort beschleunigt und gegen ihn sowie der damit zusammenhängenden Strömung wäre für uns kein Durchkommen möglich gewesen.
Mit einem langen „Hochsee-Schlag“, bei dem wir knapp vier Tage durchsegelten, erreichten wir dann trotz aller Schwierigkeiten doch noch zur rechten Zeit unser Ziel Palma de Mallorca. Die Balearen endlich am Horizont unter den sich über ihnen auftürmenden Cumulus-Wolken zu erkennen war eine riesige Freude für mich!
So konnte ich die 42-Fuss-Yacht MAKAIRA (=13,77m lang) in Palma de Mallorca ihrem Eigner Bernd Schöps an dem Ort zurückgeben, an dem ich sie im Oktober letzten Jahres zum ersten mal übernommen hatte. In der Zwischenzeit segelte ich mit ihr über 3.000 Seemeilen im Mittelmeer und durch den Atlantik von Spanien zu den Kanarischen Inseln sowie auf dem hier genauer beschriebenen Rückweg via Madeira. Zusammen mit der rund 3.000 Seemeilen langen Altantiküberquerung mit der 47-Fuss-Yacht CHIOS (14,60m Länge) von den Kanaren in die Karibik bin ich seit letztem Herbst über 6.000 Seemeilen gesegelt (eingezeichnet in Karten unter Segelreisen). So fuhr ich über ein Viertel der Länge des Erdäquators, der 21.600 Seemeilen (40.000 Km) misst.
Dies brachte viele Eindrücke und weitere Erfahrungen – auch für neue Törns auf den Weltmeeren, zu denen ja ebenso unsere schmucke Ostsee „direkt vor der Haustür“ zählt…
Die folgenden 49 Bilder zeigen Highlights der 1754 Seemeilen von Teneriffa nach Mallorca.