26.10.2018: Ebbe & Flut, starke Gezeitenströme, das Umwälzen riesiger Wassermassen: dies sind gewaltige Naturkräfte – die aber auch im Kleinen gut genutzt werden können. War es auch ein Kurzausflug an die bretonische Küste und anschließende Durchquerung der Biskaya Anfang des Monats, die mich diese Kraft der Gezeiten nun mit unserem Schiff nutzen lassen wollte?
In der Bretagne steigt und fällt das Wasser täglich im Zwölfstunden-Rhythmus um bis zu acht Metern. Dagegen ist’s in der Elbe bei Hamburg ja richtig gemäßigt mit bis zu 3,5m Tidenhub in den stärksten Phasen, den sogenannten Springzeiten bei Neu- und Vollmond. Während der Nippzeiten dazwischen schwankt der Wasserstand um über zwei Meter – auch dies können wir mit unserer SAMYRAH mit lediglich 1,8m Tiefgang gut nutzen!
Ja, ich wollte vor allem Wissen: welche Spuren haben die Fahrten durch die Schären am Rumpf hinterlassen? Dies bewog mich zu einer genauen Kontrolle. Zudem lässt sich beim Trockenfallen das Unterwasserschiff gut „winterfest“ machen. Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, wenn der Kiel bei fallendem Wasser aufsetzt, das Schiff sich leicht nach Vorne und auf die Seite neigt… Doch dadurch können wir den freiwerdenden Rumpf bearbeiten – und dies tun wir mit voller Kraft! Erst vom Beiboot aus und bei weiter fallendem Wasser auch auf dem Grund laufend. Welche Freude und Dankbarkeit als der Rumpf komplett aus dem Wasser ist: ein paar Schrammen hat unsere schmucke Lady in den schwedischen Schären abbekommen – mehr zum Glück und Gott sei Dank nicht!
Mit Grundierung und weiterem Anstrich versehen ist der Holz-Rumpf wieder gut geschützt, bevor das Wasser mit der Flut in enormer Geschwindigkeit steigt. Im Wasser watend malen wir noch mit schnelltrocknender Farbe den Wasserpass und noch bevor es die Knie übersteigt sind alle Arbeiten für den Winterschutz erledigt. Puh, gerade so geschafft dem Rhythmus des Wassers zu folgen, wir nutzten die (Ge-)Zeit optimal…
Nach der Ebbe kommt die Flut: nun konnten wir auch die Zeiten & Ziele für’s nächste Jahr festzurren und unseren Törnplan für 2019 erstellen. Es geht mit einwöchigen Reisen erneut in die faszinierende „Dänische Südsee“, nach Kopenhagen und zwischen Schären via Göteborg nach Oslo. Der Törnplan steht unten auf dieser Seite und demnächst auf der stark überarbeiteten SAMYRAH-Webseite. Die grünste Hauptstadt Europas mit ihrer quirligen Lebendigkeit bis tief in helle Nächte hinein und die ursprüngliche, schroffe und vielseitige Natur Norwegens im Oslofjord sowie die malerischen schwedischen Westschären fordern uns zu erneuten Reisen dorthin auf! Und zudem ziehen noch weitere Gründe wieder stark in eines der vielen Museen der norwegischen Hauptstadt zu den „Alten Wikingern“: ins Kon-Tiki-Museum des Thor Heyerdahl – denn auf dem stolzen Schiff, dessen Namensgeber der Forscher war, werde ich im Winter in der Karibik mitsegeln. Für Fahrten in die Karibik muss es manchmal eben auch zunächst gen Norden gehen…
Mit sehr stimmungsvollem „Leinen los“ zog der Kieler Dreimaster Mitte Oktober auf dem Weg der großen Entdecker gen „Neue Welt“: via Kanaren geht’s zu den Kleinen Antillen, wo ich Mitte Dezember in Grenada zusteigen werde. Drei Monaten lang fahre ich bis zu den Bermudas mit.
Die Vorfreude ist enorm, gesteigert noch dadurch, da der Toppsegelschoner bereits in der Kieler Förde unmittelbar nach dem Auslaufen unter Vollzeug fuhr und stark in den Bann zog! Ja, so wie Konzerte zwar sehr arbeitsintensiv, aber eben die „Feste“ des Musizierens sind, so freue ich mich enorm auf das „Segel-Fest“: denn das Klassenzimmer unter Segeln ist ein großartiges „Schiffs-Orchester“ und ich darf mit ihm im Winter unter Segeln auf der stolzen THOR HEYERDAHL durch die Karibik ziehen.
Ich werde berichten!