29.02.2020: „Flüchtlingsboot voraus!“ Die Situation an Bord ist für mich kaum zu fassen, als ich am 28. Februar um 7:45 an Deck komme – und dieser erschütternde und tief bewegende Tag verändert sehr vieles! Wir konnten 16 „boat people“ von ihrem etwa 6m langen Boot, dessen Motor durch Benzinmangel nicht mehr funktionierte, an Bord nehmen. Sie konnten sich waschen, wurden medizinisch erstversorgt und bekamen Essen, Trinken und all unser bestmögliches Engagement, bevor wir sie nach rund vier Stunden um kurz nach 12 Uhr an ein Rettungsboot des spanischen MRCC aus Gran Canaria übergaben.
Damit hat ihre Odyssee ganz bestimmt noch für längere Zeit kein Ende, doch sind sie zumindest erst mal in sicheren Händen und nicht mehr in dieser lebensbedrohlichen Lage, in der wir sie vorfanden: ohne Motor trieben sie auf dem Atlantik, 80 Seemeilen südlich von Gran Canaria – ohne Navigationshilfen und Benzin somit ohne Kraft und Möglichkeit zur eigenen Fortbewegung auf ein Ziel zu und völlig orientierungslos. Sie waren zehn Tage auf See, die letzten drei ohne Essen und Trinken, so ihre Auskünfte.
Captain Michael führte mit größter Umsicht, Klarheit und viel menschlichem Mitgefühl die Rettungsaktion – auch die Crew auf den notwendigen Eigenschutz durch Handschuhe und bei allen extrem starken Emotionen erforderlichem Abstand hinweisend! So hielten die „Dämme“ und alle in der Crew gaben ihr Bestes und hielten dabei die Emotionen in erforderlichem Griff. Nach einer Ansprache von Michael kurz nachdem das Rettungsboot mit den boat people davongebraust war blieb kein Auge mehr trocken.
Bereits am Abend war in diesem Bericht von Captain Michael über die Rettungsaktion zu lesen: „we gave them our moral support as best as possible“! Nun ist dem sehr bewegenden Bericht auch der präzise dokumentierte Zeitablauf der Rettungsaktion hinzugefügt, durch den die Abläufe zumindest etwas genauer nachvollzogen werden können. Bei allem Mitgefühl können die tiefen Emotionen, die dieser Anblick schweren menschlichen Leidens am Rande Europas hervorruft, wohl doch nur in deutlich geringem Maße „nachgefühlt“ werden im Vergleich zu dem, was wir erlebten. Und wie unvorstellbar schrecklicher muss doch der Schock für die 16 boat people gewesen sein: ohne Essen und Trinken, ohne Orientierung, auf diesem weiten, mächtigen Atlantik zu treiben…?!
Diese zum großen Glück für uns alle erfolgreiche Rettungsaktion hat tiefe Emotionen aufgewirbelt, die sicherlich noch lange nachschwingen – so wie ja auch das Meer nach einem Sturm noch lange kräftig bewegt bleibt…
Ja, uns geht’s allen bei allem „aktiven Verarbeiten“ gut und wir hoffen sehr, dass unsere Hilfe mit dazu beitragen konnte, dass den fünf Afrikanerinnen und elf Afrikanern, großteils von der Elfenbeinküste, nun ein guter Neustart an Land gelingen kann.
Alles Gute & Glück auf!
Ja, wie bewegend! Habt Dank!!!
Herzliche Gedanken an Euch und die Geretteten aus Rendsburg!