24.03.2020: Strahlend weiße Segel, kraftvoll gefüllt vor tiefblauem Himmel, in dem beeindruckende Wolken mit hoch aufragenden Cumulus-Türmen schwimmen, auf dem Meer kleine Schaumkrönchen, Wasser- und Lufttemperaturen zwischen 25 und 28°C: es ist ein Segler-Traum mit der starken AVONTUUR auf majestätischem Atlantik! Da mitten hinein klangen die Nachrichten geradezu wie von einem anderen Planeten, die uns am 19. März erreichten: „Dramatic times! The world has changed!“ Cornelius Bockermann teilte uns via Satellit mit, dass sich alles außerhalb unseres „kleinen Universums“ stark verändert hat, nicht’s mehr so ist wie es war, als wir in Gran Canaria starteten.

Zu diesem Zeitpunkt hatten wir 15 Tagen lang kein anderes Schiff gesehen. Keine Flugzeuge am Himmel störten diese Atmosphäre, nur einmalig blinkte es auffällig schnell am grandiosen Nachthimmel, an dem – oftmals zwischen zum Teil tiefschwarzen, sehr beeindruckenden Wolken-Flecken – unglaublich viele Sterne hell leuchten. Die Milchstraße steht fast schon mit plastischen Konturen über unseren Köpfen, so deutlich spannt sie sich von Horizont zu Horizont. Um Mitternacht herum ist das Kreuz des Südens zu sehen, zumindest immer wieder in Wolkenlücken.
JA, welch großes Glück wir doch haben, denn guter Passat-Wind schiebt uns konstant mit nur wenig veränderlichem Wind gen Westen, er variiert nur leicht um nord-östliche Richtungen und zwischen drei bis sechs Stärken der Beaufort-Skala. Immer weiter geht’s kraftvoll und oftmals in „Rauschefahrt“ gen NEUE WELT!

Auch wenn unser Wissen darüber, was „da draußen“ gerade wirklich passiert nur sehr bruchstückhaft ist: plötzlich wird klar, warum nun seit Wochen nicht mal mehr Flugzeuge am Himmel zu sehen waren. Worüber wir uns unter normaleren Umständen wohl sehr gefreut hätten, dies beschwört bei mir nun ein Gefühl größter Fassungslosigkeit herauf.

Was passiert auf unserem Planeten gerade? Von Bord fliegen die Gedanken in verschiedene Himmelsrichtungen – bei vielen gen Nordosten – zu den Lieben, Freunden, Verwandten und Bekannten in der Heimat. Ist bei euch alles wie gelähmt, stockt das Leben – oder könnt auch ihr in einem „sicheren Universum“ in so unglaublich friedlich-freundlicher Atmosphäre weiterziehen? Und wir? Wohin können wir nun segeln, wo werden wir wieder an Land gehen können, was wird uns dort erwarten – und wie und wann werden wir in unsere Heimat zurückkehren können???

Erste Antworten haben wir durch die Genehmigung der französischen Behörden bekommen: wir konnten heute immerhin von neun Uhr morgens bis genau zum Mittagsläuten in Pointe-à-Pitre, dem wirtschaftlichen Zentrum von Guadeloupe, zumindest einen kurzen Zwischenstopp zum Aufnehmen von Proviant einlegen. Auch nur kurz wenigstens einen Fuß auf die Pier zu setzen wurde uns nicht erlaubt – aber immerhin durften wir in den Hafen und sind nun mit frischem Proviant auf dem Weg gen Honduras. Dort hoffen wir Ladung aufnehmen zu können, den „Bauch“ unseres so stolzen Frachtseglers mindestens mit Kaffee füllen und diesen dann nach Deutschland bringen zu können.

Doch momentan ist ja vermutlich auch an Land „da draußen“ alles äußerst schwierig zu planen – und für uns stehen viele weitere Schritte noch völlig in den Sternen. Doch diese blinken in den karibischen Nächten weiterhin fast greifbar nah zu uns runter, ein milder, so unglaublich freundlicher Wind weht dazu… die werden schon ein gutes Weiterkommen bringen können.

Ich werde berichten. AHOI!