26.06.2020: Wir sind mit dem Frachtsegler AVONTUUR zurück in Europa! Nonstop fuhren wir aus Mexiko bis zu den Azoren mit knapp 5.200 Seemeilen nun die mit Abstand längste Etappe der Voyage 5 mit ihren bisher rund 14.500 Seemeilen. Glücklich über den Erfolg holen wir kurz Luft auf Faial, einer der grünen Vulkaninseln der Azoren – mit Focus auf die letzte Etappe nach Hamburg, dem Ziel unserer Reise um den Nordatlantik.
Am 50. Tag seit dem Ablegen in Veracruz in Mexiko segelten wir am 24. Juni bis kurz vor die Hafenmauer von Horta. Mit großem seglerischen Können und getreu unserer „Mission Zero“ fuhr Captain Michael das Ankermanöver unter Segeln: ein sehr erhabener und wirklich krönender Abschluss einer schwierigen Überquerung des Nordatlantiks!
Der Golf von Mexiko wollte uns einfach nicht „freigeben“, er schob uns immer entweder in zu schwachem Wind zum Segeln mit doch gehöriger und sehr wechselhafter Strömung garantiert in die falsche Richtung – oder es tobten sich über uns heftige Gewitter mit Böenwalzen mit bis zu zehn Windstärken aus. Das Wasser war bereits bis auf 29º C aufgeheizt, wodurch die Dynamik immer stärker wurde. Zum Teil konnten wir direkt zusehen, wie normale Cumulus-Wolken geradezu in die Höhe schossen und zu Gewitterwolken anwuchsen, die in einzelnen Fällen sogar Eiskappen trugen – und in denen enorme Energie steckte.
In einer Nacht hörte ein starkes Wetterleuchten fast nicht mehr auf und hielt drei Wachen nacheinander auf Trapp: von 22 Uhr bis morgens um sechs ging die beeindruckende „Light-Show“. Immer wieder forderten uns starke Böen heraus, beeindruckende Wolkenwalzen kündigten sie meistens an – oftmals mussten wir dann sehr schnell reagieren.
Endlich hatten wir am 26. Mai nach drei Wochen die Straße von Florida erreicht, die Weite des Nordatlantiks war greifbar nah – und dann hat uns direkt querab von einem gespenstisch leerem, fast unbeleuchtetem Miami, nochmals ein heftiges Gewitter mit aller Deutlichkeit gezeigt, wer hier das Sagen hat und wem unbedingt zu folgen ist.
Was droht wohl, wenn sich diese ganzen fein abgestimmten Systeme in einem Maße erhitzen bzw. überhitz werden und völlig „aus dem Ruder laufen“ oder gar „kippen“?
Mit riesiger Freude erreichten wir dann vier Wochen nach dem Ablegen endlich den Nordatlantik mit seiner Weite und kräftigen Winden. Nicht mehr diese überhitzten Temperaturen auch an Bord, alles schweissnass oder durch eine Luftfeuchte von oft über 90% klamm, sondern frisch und frei!
Und dann dies: nach erstem guten Vorankommen lag eine Hochdruckbrücke fast wie eine Mauer mitten auf dem Altantik und blockierte mit seinem riesigen Flauten-Gürtel die Fahrt zu den Azoren. Wir mussten bis zu den Bänken vor Neufundland nach Norden. Da hatten wir dann mehr als genug Abkühlung, denn aus dem Norden drang bereits arktisches Wasser des Labrador-Stromes bis zu uns durch: wir sahen zwar keine Eisberge, aber die Wassertemperatur sank bis auf 10,4 º C. Dieser „Wirl-Pool“ von warmem und kaltem Wasser ist ideal, um große Nebelbänken entstehen zu lassen, in denen wir wie in die sprichwörtliche „Watte“ gehüllt fuhren – natürlich mit Ausguck am Bug. Starke Abkühlung war dabei garantiert…
Alles dies war mehr als vergessen und es „leuchtete“ uns ganz klar ein, warum wir so weit nach Norden gemusst hatten, als nachts Zwergwale direkt an das Schiff kamen und unter ihm durchtauchten! Sie waren dabei wie eingehüllt in einen „Leucht-Mantel“, denn mit ihren Bewegungen wirbelten sie das Wasser auf und ließen das Meer stark leuchten. Atemberaubend und eigentlich unbeschreiblich, auf jeden Fall nicht zu fotografieren!
Nachdem uns die großartige AVONTUUR dies gezeigt hatte zog es sie ganz offensichtlich enorm stark zurück gen Heimat, in die „Alte Welt“ Europas, denn sie lief mit Etmalen über 180 Seemeilen. Damit kamen wir innerhalb von 24 Stunden weiter, als zuvor in einer halben Woche (und länger…) und fetzten einen Tag mit im Durchschnitt acht und in der Spitze 10,8 Knoten gen Azoren. Eine begeisternde Rauschefahrt quer über den Altantik!
In erster Morgensonne von wunderschönen Delfinen begrüßt und nach famosem Ankermanöver mussten wir natürlich auch trotz 50 Tagen auf See noch vor dem Hafen ausharren und darauf warten, dass wir auf den Corona-Virus getestet werden – gleichzeitig war dies auch ein weiterer Test unserer Geduld… Doch erneut schwimmen wir dabei auf einer „Sympathie-Welle“, die uns riesig freut und unglaublich stark unterstützt: für die „Erstversorgung“ wurde uns gleich am ersten Nachmittag per Dinghi ein Kasten mit köstlich kühlem Bier aus „Peter’s Café Sport“ in Horta gebracht. Am nächsten Tag konnten wir sogar Essen bestellen – ein wirklich köstlicher Vorgeschmack auf ersehnten LANDGANG, auch wenn wir die gesamte Zeit allerbest versorgt waren und es auch weiterhin sind!
Heute geht’s zum Corona-Test erstmalig nach 52 Tagen an LAND. Ob da wohl alles schwankt?
Impressionen der Fahrt, meine Motivation und Werdegang zum „Klimasegler“ in einem Podcast von Peggy Merkur, welchen sie in einer mich sehr beeindruckenden Schnelligkeit und superklasse Qualität nach wirklich schönen und tiefsinnigen Gespräch an Bord erstellt hat. Ach, keine Worte mehr hier… sondern war für die Ohren und begleitend die Augen im klasse Blog von Peggy oder im Youtube-Video: