30.07.2020: Zurück in Hamburg können wir begeistert 64 Tonnen Fracht von der AVONTUUR entladen! Eine lange Reise liegt hinter uns: knapp 17.000 Seemeilen seit dem Start in Elsfleth am 17. Januar – also 187 Tage, von denen wir aufgrund der Corona-Krise vom 1. März bis zum 27. Juni keinen Landgang hatten. Erfüllt von sehr vielen Eindrücken fallen nun die ersten „Land-Entdeckungen“ schwer, denn in Deutschland ist ja sehr vieles nicht mehr so wie es war, als wir in winterliche Nordsee aufbrachen…
Die Azoren hatten uns gleich als erste Station in Europa nach meiner – und fast aller an Bord – bisher längsten Seereise von 50 Tagen nonstop auf See mit kräftigen Farben begrüßt. Wir hatten eine großartige Zeit an Land! Und unser Bild von Schiff & Reise, von vielen aus unserer Crew zusammen konzipiert und sehr kunstvoll umgesetzt, ziert nun in DEM Seglerhafen die Pier: in Horta auf Faial.
Und ich bin mir sicher: dorthin will ich nochmals, eine großartige Insel voller fast greifbarer Kraft des Vulkanismus, mit frischen Farben, viel Dynamik und seit Jahrhunderten geprägt von Seeleuten hat dieser „Vorposten Europas“ inmitten des Atlantiks weiterhin einen enorm hohen Stellenwert für Segler.
Für uns ging’s nach achttägigem Zwischenstopp am 2. Juli auf nach HAMBURG! Captain Michael „dirigierte“ uns mit hohem seglerischem Können zum Ablegen unter Segeln. Nach und nach setzten wir nun „alle Tücher“ zur letzten Etappe der Reise!
Wir waren erneut nicht gerade vom Wetter-Glück verfolgt, denn es herrschten wiederum schwierige, vor allem schwache Winde. Zudem wurden große Flautengebiete für den Englischen Kanal prognostiziert und daher segelten wir die längere Tour rund Schottland! Auf dem Weg gab’s einen für uns krönenden Höhepunkt unserer zahlreichen sehr imposanten Wal-Beobachtungen: BLAUWALE kamen dicht ans Schiff und ließen sich über eine Stunde lang beobachten. Atemberaubend!
Dann ging’s für uns auf die nördliche Breite von Oslo – mit sehr erfrischenden Wasser- und Lufttemperaturen runter bis 10º C. Rund 60 Seemeilen westlich der Küste von Norwegen auf Höhe Stavangers steuerten wir dann endlich gen Süden auf die Elbmündung zu. Hamburg übte (zumindest auf mich!) eine enorme Sog-Kraft knapp 400 Seemeilen weit quer über die Nordsee aus.
Fast so, als sollte da noch eine Geschichte „rund“ werden fand ich wiederum quasi vor der Haustür, auf der Elbe, so schöne Bilder gerade von Fischern, dass ich mich erneut fragte (so wie nach Aufbruch am 17. Januar während wir ein malerisches Weserfischer-Boot passieren) „warum fahren wir eigentlich so weit weg, hier hat’s doch ebenfalls so große Reize?“
Diese Frage tauchte wieder auf beim phantastischen Blick auf die Elphi, in der ich im letzten November das starke Protest-Konzert „Der Klimawandel ist hörbar“ erlebt hatte.
Doch dann gab’s vermutlich für uns alle die Bestätigung, warum unser monatelanger Einsatz wirklich notwendig und gut war: denn Sack für Sack der insgesamt 64 Tonnen Kaffee und Kakao bringen kostbare Fracht aus Zentralamerika nach Europa, sehr klimafreundlich auf unserer „Mission Zero“. Diese Kostbarkeit ist deutlich zu spüren – und zudem wird im Laderaum nochmals unmittelbar be-greifbar, wie viel 64 Tonnen, aufgeteilt auf 30 – 69 kg Säcke, sind…!
Um diese gesegelten Waren hat sich bereits ein großer Kreis an Unterstützern (wie unsere ehrenamtlichen Helfer an Land beim Entladen!) sowie zahlreiche Abnehmer gebildet.
Mit großer Freude und Begeisterung über die Rückkehr, die neue Ware und eine anspruchsvolle und abenteuerliche Reise des Frachtseglers AVONTUUR feierten wir das Ende der Voyage No. 5 nach 16.782,6 Seemeilen!
Nach so langer Seereise schwanken bei mir die Schritte an Land normalerweise nicht mehr, selbst nach den 50 Seetagen bei Ankunft auf den Azoren. Doch gerade der enorme Kontrast gegenüber dem Leben an Bord, in dem „soziale Distanz“ praktisch kaum möglich ist (zumindest aus der Sicht vieler „Seh-Leute“-) und nun sehe ich geradezu ein ängstliches Zurückweichen beispielsweise im Supermarkt, wenn der 1,5m „Schutz-Raum“ gefährdet ist. Diese zu begreifen brauche ich noch Zeit.
Wie gut, dass meine Kollegen & Freunde unseren Hamburger Zweimaster SAMYRAH so gut in Lack und Farbe gebracht und viel dran gearbeitet haben, denn so können wir nun erstmal Tagesfahrten in Neustadt machen. Auch dabei und mit aktivem Musizieren kann ich mich Schritt für Schritt diesem tatsächlich noch immer sehr anderen (Nord-)Deutschland nähern, in kleinen „Land-Entdeckungen“.
Dass es eine große Herausforderung ist, bereits zum jetzigen Zeitpunkt die Reise zu resümieren – dies betont auch unser Crew-Statement, in dem die beiden irischen Shipmates Athena Corcoran-Tadd & Jennifer Corcoran die von uns zusammengetragenen Eindrücke in treffendste Worten fassen.
Das Crew-Statement als PDF: Avontuur Voyage 5 crew statement